„Dämonen“ von Lars Norén, an der Schaubühne Berlin

Das Theaterstück „Dämonen“ von Lars Norén, an der Schaubühne Berlin inszeniert von Thomas Ostermeier, zeigt das normale Chaos einer normalen Beziehung. Er sucht einen Platz für seine Plastiktüte. In der trägt er jedoch keine Einkäufe nach Hause, sondern die Asche seiner toten Mutter. Frank – hinreissend interpretiert von Lars Eidinger –  und Katarina – von Cathlen Gawlich „eiskalt serviert“ – sind kinderlos, Ende dreißig und seit neun Jahren ein Paar. Sie bewohnen eine schicke aber unordentliche Wohnung und machen sich das Leben zur Hölle. Sie erwarten Franks Bruder zur Beerdigung. Der verschiebt seine Ankunft und nun steht ein freier Abend drohend bevor.

Gefüllt wird der Abend durch den Besuch von Jenna und Thomas, den gleichaltrigen Eltern zweier kleiner Kinder und Nachbarn von nebenan.

Der Abend beginnt als freundliches »Paare besuchen Paare« und gleitet in eine Nacht der ungeplanten Entgleisungen. Die vier verstricken sich in einer Kette von Demütigungen, sexuellen Provokationen, ungewollten Beichten und exhibitionistischen Übergriffen. Die aggressive Einsamkeit der Kinderlosen lässt die vermeintliche Idylle der anderen zerbrechen. Die sexuelle Gier nach dem anderen, die in hundertfachen Begegnungen im Treppenhaus zur ständigen Phantasie geworden ist, findet keinen erlösenden Ausdruck. Sie versandet in peinlich verwackelten Versuchen eines wilden und ungehemmten Lebens. Die Angst vor der Einsamkeit, der Überdruss an der Langeweile der Gemeinsamkeit und die gescheiterte Hoffnung auf eine belebende Abwechslung bilden ein Gefängnis, in dem die Dämonen des Lebens sich in den Alltag der kleinen Gemeinheit, der linkischen Bosheit, der angedrohten Trennung und der impotenten Sexualität verkriechen.

Und noch eine sehenswerte Vorstellung in der Scchaubühne Berlin: FEAR

In Freiburg i. Brsg. habe ich „Viel gut essen“ vor Kurzem gesehen. Auch dieses Stück handelt von „rechter“ Gesinnung. Doch FEAR hat alles übertroffen, was ich bislang zu diesem Thema gesehen habe. Es gab einen Rechtsstreit um die Aufführung, den die Schaubühne für sich entscheiden konnte. „Die Portraits der »Demo für Alle«-Organisatorin Hedwig von Beverfoerde und der AfD-Politikerin Beatrix von Storch dürfen weiterhin in Falk Richters Produktion »FEAR« verwendet werden. Das entschied das Landgericht Berlin Mitte Dezember.“
Die Inszenierung setzt sich auf satirischem Weg mit den rechtsnationalen und religiös-fundamentalistischen Strömungen im heutigen Deutschland auseinander. Der Wiederkehr des rechten Gedankenguts stellt sich die Inszenierung allein mit den Mitteln der Kunst entgegen: Ebenjener Kunst, deren Freiheit und Unantastbarkeit erst unlängst unter dem Motto »Je suis Charlie« allerorts in Solidaritätsbekundungen gegen die Pariser Attentate so vollmundig beschworen wurde. Und zwar insbesondere von ebenjenen Kreisen, die sich vor einer Islamisierung des Abendlandes fürchten – und eine Freiheit der Kunst immer nur wünschenswert finden, solange deren Kritik sich gegen andere richtet.
Ich wünsche mir, dass FEAR auf Tournee geht. Bis es vielleicht so weit ist, empfehle ich, das Stück in der Schaubühne anzusehen.

 

 

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