Frankfurter Finanzamt entzieht Attac die Gemeinnützigkeit

Jetzt erst recht: zivilgesellschaftliches Engagement lässt sich nicht aberkennen!

Das Frankfurter Finanzamt ist nicht zum ersten Male in die Schlagzeilen geraten, weil es eine eigenartige Entscheidung getroffen hat. Während vor einigen Jahren Steuerfahnder in den „Zwangsruhestand“ geschickt wurden, weil sie zu genau bei bestimmten Personen und Firmen nachgeprüft hatten, scheint man nun einer „unliebsame“ Organisation den Garaus machen zu wollen. Wo bleibt da der Rechtsstaat? Was wohl Heiner Geißler dazu sagen wird?

17.10.2014 – Wie zahlreiche Medien heute berichten, hat das Frankfurter Finanzamt dem Attac Trägerverein e.V. die Gemeinnützigkeit entzogen. Es ist der Ansicht, dass Attac in der tatsächlichen Arbeit mehr auf politische Einmischungen und engagiertes Mitgestalten der Bürgerinnen und Bürger setzt, als es die gesetzliche Grundlage, die Abgabenordnung, erlaubt. Insbesondere in unserem Engagement zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder der Einführung einer Vermögensabgabe sieht das Finanzamt keinen gemeinnützigen Zweck.

Wir halten dem entgegen: Politische Bildung führt zu politischer Meinungsbildung, diese führt im besten Fall zu politischem Engagement – mit realen Auswirkungen. Wir nehmen unseren Anspruch als Bildungsbewegung ernst und sehen es als Erfolg unserer Informations- und Bildungsarbeit, wenn viele Menschen sich einmischen. Demokratie kann nicht wie eine Trockenübung jenseits der gesellschaftlichen Realität simuliert werden.

Viel mehr noch: Es ist sogar die definierte Aufgabe zivilgesellschaftlicher Organisationen wie Attac, politische Entschei­dungsprozesse zu begleiten und Menschen zu befähigen, sich aktiv einzubringen. Dieses Verständnis von Arbeit und Wirkung gemeinnütziger Vereine als Teil der Zivilgesellschaft ist ein breit getragener gesellschaftlicher Konsens.

Gerade gestern hat Bundespräsident Gauck in einer Rede bei der Bosch-Stiftung die Verdienste von Attac als positives Beispiel für erfolgreiches bürgerschaftliches Engagement gewürdigt. Er sagte, vieles von dem, was heute als selbstverständlich erachtet wird, sei gegen massive Widerstände erstritten worden. Den Kampf von Attac für eine Finanztransaktionssteuer zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte nannte er als einen Beleg.

Den modernen gesellschaftlichen Herausforderungen und Anforderungen an eine lebendige Demokratie wird das bestehende Gemeinnützigkeitsrecht nicht gerecht. Es wirft Vereinen wie Attac durch den Entzug von Gemeinnützigkeit Knüppel zwischen die Beine. Dies bedroht eine lebendige Zivilgesellschaft, die für eine funktionierende Demokratie essentiell ist. Unsere Gesellschaft braucht mehr Einmischung und Engagement und weniger Politikverdrossenheit.

Die Entscheidung des Finanzamts ist nicht endgültig, das Einspruchsverfahren läuft noch. Dennoch können die Folgen jetzt schon schwerwiegend sein – wir setzen auf unsere Mitglieder und Spender_innen, die Attac wegen der Inhalte und der guten Arbeit unterstützen, wie erste Reaktionen zeigen. Attac ist eine wichtige Stimme in der Zivilgesellschaft. Wir brauchen weiterhin jede und jeden – jetzt erst recht!

Was folgt auf den Entzug der Gemeinnützigkeit?

Das Finanzamt fordert für die Jahre 2010 bis 2012 keine entgangenen Steuern zurück. Allerdings können wir wegen der Entscheidung des Finanzamts zurzeit für eingehende Spenden und Mitgliedsbeiträge keine Spendenbescheinigungen ausstellen. Sollte das Finanzamt unserer Argumentation nicht folgen, werden wir vor dem Finanzgericht Klage erheben – und öffentlich auf eine Klärung der Frage dringen, wie Gesellschaft funktionieren kann ohne ein  engagiertes, informiertes Mitgestalten der Bürgerinnen und Bürger.

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