Wie Bildungsmedien Migration und Migrierende abbilden
„Migration und Bildungsmedien“ heißt ein neuer Tagungsband, den die Augsburger Pädagogin Prof. Dr. Eva Matthes herausgegeben hat. Interdisziplinär, international, historisch und aktuell beleuchtet er Entwicklung und Herstellung von Bildungsmedien, insbesondere Schulbüchern, für Lernende mit Migrationshintergrund.
Dass Bildungserfolg mit dem sozialen, familiären und gesellschaftlichen Umfeld direkt zusammenhängt, ist bekannt. Insbesondere Migrationserfahrungen – eigene und familiäre – sind prägend für den Lebenslauf und den Bildungsweg. Eva Matthes, Professorin für Pädagogik an der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät hat nun mit Sylvia Schütze (Universität Bielefeld) einen Sammelband herausgegeben, der sich mit Bildungsmedien für und über Migranten und Migrantinnen befasst. Es geht um Integrationsbemühungen durch Bildungsmedien und förder-, aber auch hinderliche Unterrichts- und Lernbedingungen in diesem Zusammenhang.
Integrationshindernisse bewältigen
Namhafte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erläutern die Bedeutung des jeweiligen kulturellen Hintergrundes von Kindern für die schulische Integration und zeigen anhand von Beispielen aus anderen Ländern wie Bildungsmedien aussehen und Integrationshindernisse bewältigt werden können. Weitere Beiträge untersuchen, inwieweit sich die Erstklass-Fibel an Kinder mit Migrationshintergrund richtet, was Sprachlern-Apps im Unterricht zur Integration beitragen können und wie Lehrkräften mit hoher Sensibilisierung die Balance gelingen kann, Vielfalt und „Anders-Sein“ zu integrieren, ohne diese durch Überbetonung in stereotyper Form erst zu herzustellen (doing difference). Zwar werden hauptsächlich Materialien für den Schulunterricht als Bildungsmedien verstanden, zwei Beiträge widmen sich jedoch auch Bilderbüchern und Gesellschaftsspielen.
Vielfalt adäquat darstellen
Wer sich mit Bildungsmedien für Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigt, ist schnell auch bei der ebenso relevanten Frage wie diese Menschen, ihre Hintergründe und Geschichten, inhaltlich dargestellt werden. Auch dieser Frage geht der Sammelband nach.
Eine Analyse von deutschen Englischbüchern wirft die Frage auf inwiefern die Lehrwerke Migranten und Migrantinnen als Andere oder als selbstverständlicher Teil einer Zuwanderungsgesellschaft darstellen und stellt fest, dass sie noch immer sehr vereinfacht, ja stereotyp dargestellt werden. Gerade Englisch bietet etliche landeskundliche Anlässe für das Thema Migration. Die komplexen und kontroversen Kontexte von Migration und ihren Hintergründen werden jedoch in den Lehrwerken vielfach ignoriert.
Die Darstellung von Migration in Schulbüchern, so ein weiterer Beitrag, habe immer auch eine diskursive Komponente, mit der Migrantinnen und Migranten sich ihrer bewusst werden und die Vorstellungen und Handlungen auslösen könne.
Eine hohe Verantwortung für den Einsatz der Bildungsmedien im Unterricht komme den Lehrkräften zu, die sie einsetzen und moderieren. Aber auch die Medien selbst sollten so gestaltet sein, dass sie auch im autodidaktischen Lernen funktionieren, z. B. in Homeschooling-Settings während der aktuellen Corona-Pandemie.
„Migration und Bildungsmedien – Migration and Educational Media“ ist bei Klinkhardt Forschung erschienen. Die Beiträge wurden auf der Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für Schulbuch- und Bildungsmedienforschung (IGSBi) im Oktober in Chur (Schweiz) vorgestellt.
Originalpublikation:
https://www.klinkhardt.de/verlagsprogramm/2410.html