Die Auftaktfolge „HERstory: Lebensgefahr – Frauen und die Medizin“
Die neue vierteilige ARD-Doku-Reihe „HERstory“ auf dem ARD-Sendeplatz „Geschichte im Ersten“ bringt Geschichte konsequent aus weiblicher Sicht, da allzu oft und manchmal sogar ausschließlich Geschichte aus männlicher Sicht erzählt und überliefert wird – HIstory. „HERstory“ erzählt nun bewusst einseitig Geschichte ausschließlich aus weiblicher Sicht, inspiziert ganze geschichtliche Phasen mit weiblichem Blick und fragt: Warum hat sich hier die männliche Sicht der Dinge durchgesetzt und bis heute gehalten? Was wurde verschwiegen, was unterdrückt? Und vor allem: Welche Folgen hat das bis heute?
Die Auftaktfolge „HERstory: Lebensgefahr – Frauen und die Medizin“ (Montag, 16. August 2021, 22:50 – 23:35 Uhr) zeigt, dass es im Extremfall sogar tödlich sein kann, wenn die Hälfte der Menschheit – Frauen – im toten Winkel bleibt. Weil Medizin und Forschung immer noch den Mann als Standard setzen – 70 bis 80 Kilogramm schwer, 1,80 Meter groß – sterben Frauen, obwohl ihr Tod vermeidbar gewesen wäre – wie Unfallstudien belegen, zum Beispiel in Autos, die ausschließlich an männlichen Dummys getestet wurden. Ein weiteres Beispiel, mit dem sich der Film von Julia Friedrichs befasst, ist der Herzinfarkt, der, wie man heute weiß, keine Männerkrankheit ist. Frauen haben häufig nur andere Symptome. Selbst Mediziner:innen wissen das oft nicht, weil es nicht in ihren Lehrbüchern stand. Zu Wort kommen in dieser Dokumentation die Kardiologin Vera Regitz-Zagrozek, die Verkehrssicherheitsexpertin Astrid Linder und Dilek Gürsoy, eine der führenden Kunstherzexpertinnen der Welt.
Am Montag, 27. September 2021 (23:35 – 00:20 Uhr), befasst sich „HERstory: Angriffslust – Frauen, Krieg und Gewalt“ damit, warum Frauen, denkt man an Krieg, nur am Rande auftauchen. Sie sind die Opfer des Krieges, bestenfalls Beleg für die Grausamkeit des Feindes oder sie sind die Trümmerfrauen, die die Innenstädte nach der Kapitulation wieder aufbauen. Erzählen Frauen anderes über den Krieg? Zu Wort kommt u.a. die ehemalige Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navanethem Pillay. Als einzige Frau auf der Richterbank am Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda hörte sie den Frauen zu, die vom Krieg erzählten. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde daraufhin Vergewaltigung als Kriegsverbrechen verurteilt. „HERstory“ fragt: Hätte die Geschichte einen anderen Verlauf genommen, hätte man Frauen zugehört, etwa den über eintausend Teilnehmerinnen des Internationalen Frauenfriedenskongress 1915 in Den Haag? Sie forderten schon vor über hundert Jahren das Ende der Kriege und setzten auf Diplomatie. In dem Film von Mareike Wilms, Andreas Spinrath und Nina Ostersehlte kommen zudem die Schweizer Politikerin Gaby Vermot, die als Gesandte des Europarates in den Konfliktregionen der Welt dafür kämpfte, den Frauen eine Stimme zu geben und sie an Friedensprozessen zu beteiligen, und Bundeswehrsoldatinnen als Interviewpartnerinnen zu Wort.
Eine Woche später, am 4. Oktober (23:35 – 00:20 Uhr), beschäftigt sich „HERstory: Wendeman(n)över – Frauen und die Wiedervereinigung“ mit der Wendezeit. Wovon haben die ostdeutschen Frauen geträumt, wie haben sie die Deutsche Einheit erlebt, und was ist aus ihren Hoffnungen und Wünschen geworden? In ihrer spannenden Dokumentation erzählt die Autorin Sabine Michel mit größtenteils unbekanntem Archivmaterial, dass die Auswirkungen der Zeit nach dem Mauerfall auf das Leben der Frauen bis heute beleuchtet. Zu Wort kommt u.a. die Feministin und Referentin der ersten und letzten Gleichstellungsbeauftragten der DDR, Katrin Wolf.
Der vierte Film, „HERstory: Frauenwunder – Frauen und das Wirtschaftswunder“, am 11. Oktober (23:35 – 00:20 Uhr) blickt mit bislang unveröffentlichten, hochwertig restaurierten Farbfilmen der 1950er und frühen 1960er Jahre mit den Augen der Frauen auf das Wirtschaftswunderland. Welchen Anteil hatten sie am neuen Wohlstand und inwieweit konnten sie am Wirtschaftswunder überhaupt teilhaben? Die Dokumentation von Linn Sackarnd zeigt auf eindrückliche Weise, dass die Erfolgsgeschichte des Wirtschaftswunders und das Klischee der glücklichen Hausfrau und Mutter nur die halbe Wahrheit sind.
Jeder Film dieser Reihe ist unterschiedlich und trägt die eindeutige Handschrift der jeweiligen Autor:innen-Teams. Die ersten beiden Folgen von „HERstory“ wurden von btf, Köln, produziert, die dritte und vierte von Labo M, Berlin. Für die Redaktion der Reihe zeichnet Mathias Werth (WDR) verantwortlich.
Stand: 09.08.2021, 15.00 Uhr