Arbeit – Pflicht oder Kür?

Sendung: Freitag, 11.07.2014, 22.00 Uhr, SWR Fernsehen

Wiederholung: Freitag, 11.07.2014, 01.30 Uhr, SWR Fernsehen

Samstag, 12.07.2014, 11.15 Uhr, SWR Fernsehen

Arbeiten, Geld verdienen, einen angesehenen Beruf haben – eine erstrebenswerte Sache: Von klein auf lernen wir, Arbeit als wichtigen Teil unseres Lebens zu begreifen; und von dem, was wir täglich tun, hängt ganz entscheidend ab, welchen Status wir in der Gesellschaft haben.

Früher galt Arbeit noch mehr als Notwendigkeit, einen Beruf, den man einmal erlernt hatte, führte man ein Leben lang aus. Heutzutage gibt mancher für eine attraktivere Stelle seinen Wohnort auf, arbeitet mit Freude rund um die Uhr oder startet beruflich neu, wenn der alte Job nicht mehr befriedigend ist.

Doch auch der Spaß hat seine Tücken. So nimmt die digitale Revolution mit Smartphones und Internet zunehmend Einfluss auf unser Erwerbsleben: Mailverkehr schon auf dem Weg zur Arbeit, Telefonkonferenzen statt Kaffeepause und ständige Erreichbarkeit bis spät in die Nacht machen Arbeit zur Lebensaufgabe und Freizeit zur Nebensache. Oft bleibt dabei die Erholung auf der Strecke und hinterlässt uns ausgelaugt, unzufrieden und antriebslos.

Was kostet uns Arbeit heute? Wird Freizeit überflüssig? Bleibt Arbeit eben doch eine leidige Pflicht?

„Arbeit – Pflicht oder Kür?“, Thema im Nachtcafé am Freitag, den 11. Juli 2014, im SWR Fernsehen mit der Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Martin Besinger (0711/929-11376). Presse: Sandra Christ (0711/929-11038).

Journalistische Unterhaltung Redaktion NACHTCAFé

Martin Besinger / CvD Telefon 0711/929-11376 07.07.2014

Trotz Multipler Sklerose zum politischen Spitzenamt: Seit etwa anderthalb Jahren ist Malu Dreyer Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz – und damit eine große Ausnahme im machtgesteuerten Politbetrieb. Denn noch immer gilt Krankheit als Schwäche für den beruflichen Aufstieg. „Ich bin kein ängstlicher Mensch und habe sehr viel Energie“, begründet Malu Dreyer ihre Leidenschaft für eine Arbeit, die ihr sichtlich Spaß macht.

„Ich bin ein Suchtmensch und brauche diese Arbeit“, sagt der Intendant Friedrich Schirmer und meint damit ohne Zweifel seine Passion, das Theater. Nach einer sensationellen Karriere und seinem Abgang am Hamburger Schauspielhaus war er vier Jahre lang ohne Job. Jetzt kehrt er wieder dahin zurück, wo seine Karriere als Intendant begann: An die Württembergische Landesbühne in Esslingen.

„Ich komme nie zur Ruhe, hab keine Zeit für mich selbst und bin körperlich oft kurz vor der Überlastung“, klagt Stefanie Tatenhorst. Seit ihrer Scheidung ist sie Alleinverdienerin und braucht gleich zwei Jobs, um sich und ihre drei Kinder durchzubringen. Und das, obwohl sie aus gesundheitlichen Gründen eigentlich nicht mehr körperlich arbeiten kann. Ein Leben ohne Arbeit kann sich die gelernte Arzthelferin dennoch nicht vorstellen.

Ganz anders hingegen Peter Seyferth. Mit dem Slogan „Arbeit ist Scheiße!“ zog der Politikwissenschaftler und Philosoph einst für eine linke Partei in den Bundestagswahlkampf. Heute drückt er sich zwar gepflegter aus, Arbeit lehnt er allerdings nach wie vor ab. „Niemand sollte überhaupt jemals arbeiten müssen“, findet Seyferth. Weil er Sozialleistungen ablehnt, braucht aber auch er einen Brotjob, um über die Runden zu kommen.

Ein ganz von Arbeit geprägtes Leben führt Unternehmer Klaus Kölle. Schon als junger Mann trat er in die Fußstapfen seines Vaters und machte aus der familieneigenen Gärtnerei die bekannte Blumenmarkt-Kette „Pflanzen Kölle“. Auch mit 78 Jahren ist Kölle nach wie vor an fünf Tagen die Woche in der Firma und will erst dann ans Aufhören denken, „wenn ich das geforderte Ergebnis nicht mehr bringe.“

Sein Leben ganz in den Dienst der Arbeit gestellt hatte auch Pierre Wauthier – mit schwerwiegenden Folgen: Der Finanzchef der Schweizer Zurich Versicherung nahm sich im August 2013 das Leben. „Er war an einem Punkt, an dem er keinen Abstand mehr zu seiner Arbeit und dem unerträglichen Druck dort hatte“, sagt Fabian Wauthier, die Witwe des Spitzenmanagers, die den Konzern in der Mitverantwortung für den Tod ihres Mannes sieht.

„Arbeit ist ein wichtiger Teil im Leben eines Menschen“, sagt Professor Dr. Isabella Heuser. Sie leitet als Direktorin die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité in Berlin. Allerdings müsse Arbeit nicht unbedingt glücklich machen und sei auch nicht dafür da, dem Leben Sinn zu geben. „Arbeit muss nicht einmal Spaß bringen. Sie ist einfach nur ein Broterwerb“, so Heuser.

An der Bar:

Für Landwirt Philipp Kienle ist seine Arbeit beides, Kür und Pflicht. „Ich habe mir nie die Frage gestellt, ob ich das machen will oder nicht“, erzählt der 30-Jährige, der Ende des Jahres den elterlichen Hof in zehnter Generation übernimmt. Sorgen machen dem schwäbischen Jungbauern allerdings die Schulden, die dann auf seinen Schultern liegen werden. Die unrentable Landwirtschaft aufgeben will er dennoch nicht: „Mir macht die Arbeit mit Tieren und der Natur einfach Spaß.“

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2 Antworten zu Arbeit – Pflicht oder Kür?

  1. Dambergen sagt:

    Arbeit hat die unterschiedlichsten Facetten und mitunter auch abstruse Auswüchse angenommen. Wie eingangs beschrieben wird, vermischt das Arbeits und PRivatleben immer mehr und wird ein Leben. Dafür sollten auch vermehrt Regelungen gefunden werden, wie der technologische Fortschritt unterstützend genutzt wird, jedoch auch noch das Recht auf eine arbeitsfreie Zeit wahrt.

  2. In einer kapitalistischen Marktwirtschaft (noch gegenwärtiger Ist-Zustand), welche durch die Verwendung eines gesetzlichen Zwischentauschmittels mit Wertaufbewahrungs(un)funktion (Zinsgeld) und ein privates Bodeneigentumsrecht gekennzeichnet ist, setzt sich das gesamte Bruttosozialprodukt (BSP) aus Lohn (Arbeitseinkommen, verdienter Knappheitsgewinn) und Zins (Liquiditätsverzichtsprämie, Dividende, Rendite, Spekulationsgewinn, private Bodenrente, allg.: unverdienter Knappheitsgewinn) zusammen. Während der Lohn sich im Idealfall direkt proportional zur individuellen Arbeitsleistung entwickelt, ist der Zins das genaue Gegenprinzip: derjenige, der arbeitet, zahlt den Zins; und derjenige, der nicht arbeitet, bekommt den Zins. Ziel aller Gerechtigkeitsbestrebungen seit den ersten Anfängen der Marktwirtschaft ist es, den Zins zu überwinden, jedes arbeitsfreie Kapitaleinkommen auf Kosten der Mehrarbeit anderer zu beseitigen. Mit einem Wort: Marktgerechtigkeit.

    Dass es eine andere Gerechtigkeit als die Marktgerechtigkeit nicht gibt – zumindest solange unsere Technologie noch nicht soweit fortgeschritten ist wie in Arthur C. Clarke´s „The City and the Stars“ -, muss jedem vernünftigen Menschen klar sein, der die ganze Unsinnigkeit des Marxismus (Kapitalismus ohne Marktwirtschaft) erfasst hat:

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2013/02/irrtumer-des-marxismus.html

    Eine ausbeutungslose und darum auch klassenlose Gesellschaft ist nicht durch eine Abschaffung der Marktwirtschaft, sondern nur durch die Befreiung der Marktwirtschaft vom parasitären Gegenprinzip des Privatkapitalismus (Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz) möglich. Dazu muss der Zins makroökonomisch auf Null geregelt werden (Soll-Zustand), damit das gesamte BSP aus Lohn besteht:

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2013/02/marktgerechtigkeit.html

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