Wer nicht spielt, ist krank
Warum Fußball, Glücksspiel und Social Games lebenswichtig für uns sind
Der etwas provokante Titel ruft schnell die Kritiker auf den Plan. Die Verharmlosung der Spielsucht sei eine große Gefahr, hört man sie rufen.
Wie immer im Leben, so hat auch das Spiel zwei Seiten. Norbert Bolz beschäftigt sich in seinem Buch überwiegend mit der positiven Seite des Spiels, ohne dabei die Gefahr der Spielsucht auch nur im Geringsten negieren zu wollen.
Der Homo ludens erfährt sein Comeback.
„Spiele faszinieren, weil sie uns ins Paradies des Wesentlichen entführen. Das Wesentliche aber ist nicht das Nützliche!“, stellt Bolz fest.
Spielen ist der Königsweg des Lernens. Leider haben das viele Menschen vergessen, nicht zuletzt Lehrkräfte, für die Lernen oft als „harte Arbeit“ verstanden wird.
Das Spiel entführt uns in eine andere Welt. Dort dürfen wir sein, was uns oftmals im realen Leben versagt bleibt. Spiele verdrängen die Langeweile aus unserem Kopf. Sie unterhalten uns, sie fordern uns teilweise heraus und sie vermitteln uns Fertigkeiten und Fähigkeiten, die wir auf anderem Wege vielleicht gar nie erlernt hätten.
Kinder lernen schon sehr früh, dass zu einem guten Spiel nicht nur die Chance zu gewinnen gehört, sondern auch das Risiko zu verlieren. Was könnte also besser auf das Erwachsenenleben vorbereiten, als Spiele, deren Ausgang offen ist.
Das gilt für ein gutes Fußballspiel genauso wie für „Mensch ärgere dich nicht“.
Aktuell erleben wir gerade im Fußball, dass es nicht wirklich spannend ist, wenn man schon zu Beginn des Spiels weiß, Bayern München wird mit ziemlicher Sicherheit gewinnen. Ein gutes Spiel muss auf Augenhöhe stattfinden, wenn es spannend sein soll. Jede Mannschaft, jedes Team muss die Chance auf einen Sieg haben. Dann fiebern wir bis zur letzten Sekunde mit. Man könnte einen Verein sogar als Spielverderber bezeichnen, wenn er sich mit viel Geld Vorteile erkauft, die den konkurrierenden Vereinen, mangels Geld, versagt bleiben.
Müssen Mannschaften gegeneinander spielen, die normalerweise in unterschiedlichen Klassen zu Hause sind, wie beim DFB Pokal, dann freuen sich die Zuschauer sehr viel mehr über den Sieg des Underdog, als über einen Sieg des Meisters.
Da der Prozess der Zivilisation die großen Gefühle unterdrückt, werden Spiele als Ausgleich immer wichtiger. Im Fußballstadion dürfen Männer schon längst weinen, wenn ihr Verein verliert.
Bolz geht in seinem Buch auch auf das Glückspiel ein, beschreibt das Nullsummenspiel und widmet sich kurz der Spieltheorie, eher er die Antwort auf die Frage, „Was ist Gamification?“ gibt.
Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen. Vielleicht auch, weil ich selbst gerne spiele.
Wer nicht spielt, ist krank
Warum Fußball, Glücksspiel und Social Games lebenswichtig für uns sind
Norbert Bolz
Redline Verlag ISBN 978-3-86881-571-9
208 Seiten, € 19,99