Wahl zwischen Eigennutz und Großzügigkeit

Studie: Ab dem Alter von acht Jahren lassen sich Kinder bei der Wahl zwischen Eigennutz und Großzügigkeit durch soziale Normen beeinflussen

Ergebnisse einer internationalen Untersuchung unter Beteiligung der Freien Universität in Fachzeitschrift „Nature Human Behaviour“ veröffentlicht. Nr. 277/2019 vom 24.09.2019

Foto Pexels

Kinder werden einer Studie zufolge bei der Wahl zwischen Eigennutz und Großzügigkeit im Alter von acht Jahren von sozialen Normen beeinflusst. In einer großangelegten Studie unter Beteiligung von Wissenschaftlerinnen der Freien Universität Berlin wurde in acht verschiedenen Gemeinschaften weltweit untersucht, wie Kinder und Erwachsene Entscheidungen treffen, wenn sie Belohnungen teilen können. Für die Studie kooperierten Forscherteams aus den USA, Kanada, Spanien, Großbritannien und Deutschland. An der Freien Universität beteiligt waren Dr. Patricia Kanngießer und Süheyla Yilmaz vom Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie. Patricia Kanngießer leitet seit 2016 als Freigeist Fellow der Volkswagenstiftung eine Forschungsgruppe zur Kulturvergleichenden Entwicklungspsychologie.

Zunächst erfassten die Forscherinnen und Forscher das Teilverhalten von Erwachsenen in den acht Gemeinschaften, in denen die Untersuchung stattfand. Danach wurde untersucht, wie Kinder aus den gleichen Gemeinschaften Belohnungen aufteilen: Kinder konnten zwischen einer großzügigen und einer eigennützigen Verteilung wählen. Bei der eigennützigen Verteilung erhielt das Kind zwei Belohnungen und ein anderes – ihm unbekanntes – Kind ging leer aus. Bei der großzügigen Verteilung hingegen erhielten beide Kinder jeweils eine Belohnung.

Kinder unter sieben Jahren entschieden meist eigennützig und wählten zwei Belohnungen für sich selbst. Zwischen acht und zwölf Jahren entschieden sich Kinder in einigen Gemeinschaften vermehrt für die großzügige Verteilung, wie die Studie ergab. Diese Kinder begannen, sich so zu verhalten wie Erwachsene in ihrer Gemeinschaft. Im gleichen Alter begannen Kinder in allen Gemeinschaften zudem, stärker auf soziale Normen zu reagieren. Sie entschieden sich häufiger für die großzügigen Verteilungen, wenn ihnen vorher per Video mitgeteilt wurde, dass die großzügige Verteilung „richtig“ sei. Sie handelten hingegen öfter eigennützig, wenn ihnen vorher per Video mitgeteilt wurde, dass Eigennutz „richtig“ sei.

Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder über Kulturen hinweg in der mittleren Kindheit – also im Alter zwischen sieben und zehn Jahren – besonders empfänglich sind für kulturspezifische Teilnormen; ihr Verhalten gleicht sich mehr und mehr an das Verhalten von Erwachsenen an. Diese sozialen Lernprozesse sind wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass in verschiedenen Gemeinschaften weltweit unterschiedliches Teilverhalten gezeigt wird. „Die Studie kann uns dabei helfen, besser zu verstehen, wie psychologische Entwicklungsprozesse und kulturelle Umgebung zusammenwirken und Diversität in kooperativen Verhalten erzeugen können“, betont Dr. Kanngießer.

Die Studie wurde in acht verschiedene Gruppen im städtischen Raum in Deutschland, den USA, Argentinien und Indien sowie in ländlichen Gemeinschaften in Ecuador, Vanuatu, Argentinien und Tansania durchgeführt. Geleitet wurde das Projekt von Dr. Bailey House, University of York (Großbritannien).

Weitere Informationen

Publikation

House, R. B., Kanngiesser, P., Barrett, H. C., Broesch, T., Cebioglu, S., Crittenden, A., Erut, A., Lew-Levy, S., Sebastian-Enesco, C., Smith, A., Yilmaz, S., Silk, J. (2019). Universal norm psychology leads to societal diversity in prosocial behavior and development. Nature Human Behaviour

https://www.nature.com/articles/s41562-019-0734-z

DOI: 10.1038/s41562-019-0734-z

Weitere Informationen und Interview-Wünsche

Dr. Patricia Kannegießer, Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-59554, E-Mail: patricia.kanngiesser@fu-berlin.de

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