Maaßen gründete die Stiftung, während er im Bundestagswahlkampf 2021 in Thüringen ein Direktmandat für die CDU anstrebte
Der Vorsitzende der Werteunion, Hans-Georg Maaßen, gegen den laut Beschluss des CDU-Bundesvorstands von diesem Montag ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden soll, betreibt nach Recherchen von WDR, NDR, Süddeutscher Zeitung und der Schweizer Mediengruppe Tamedia in der Schweizer Steueroase Zug auch eine Stiftung namens „Atlantis“. Zusammen mit zwei deutschen Unternehmern hat Maaßen demnach im Juli 2021 mit dem rechtlich benötigten Stiftungskapital in Höhe von 50 000 Schweizer Franken „Atlantis“ ins Leben gerufen, mit ihm als Stifter und Präsident.
Laut Stiftungsurkunde ist es der Zweck von „Atlantis“ „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.“ Die Aktivitäten dienten „der Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung“, außerdem der Förderung der Jugendhilfe, der internationalen Gesinnung, „der Toleranz und des Völkerverständigungsgedankens sowie der Förderung des demokratischen Staatswesens“. Weiterhin diene „Atlantis“ der „Vermittlung demokratischer Kultur“ und fördere „Maßnahmen gegen Extremismus und Totalitarismus“.
Maaßen erklärte auf Anfrage, er habe sich ein lang gehegtes Projekt verwirklicht, „eine bürgerliche Stiftung zu gründen, die dem freiheitlichen Gedanken verpflichtet ist“. Sie verfolge das Ziel, Projekte, die die freiheitliche Demokratie und den Rechtsstaat stärken, zu fördern. Die Stiftung sei wegen des einfacheren Stiftungsrechts in der Schweiz gegründet worden. „Die Funktion des Stiftungsratspräsidenten ist ein Ehrenamt. Ich erhalte dafür keine Vergütung. Die Atlantisstiftung unterstützt keine Parteien, sie hat mich nicht im Wahlkampf unterstützt und unterstützt auch nicht die WerteUnion e. V.“
Seiner Antwort fügt Maaßen einen Flyer der Stiftung bei. In diesem ist die Rede davon, dass Atlantis „politische Initiativen“ unterstütze und sich gegen „Totalitarismus und zeitgenössischen Sozialismus“ wende. Was er damit meint, findet sich darin ebenfalls. „Extremisten fordern wieder ganz offen den Vorrang ihrer Ideologie gegenüber der freiheitlichen Demokratie. Auch Medien, Universitäten, gesellschaftliche Gruppen und die meisten Parteien vertreten inzwischen ähnliche Positionen“, so heißt es in dem Flyer.
Weitere Aktivitäten der Maaßen-Stiftung sind bislang nicht bekannt. Sie existiert in Zug lediglich als Klingelschild an einem Businessgebäude, in dem auch mehr als 40 andere Firmen ihren Sitz haben. Die Betreiber des Businesscenters teilten auf Anfrage allerdings mit, es komme regelmäßig jemand von der „Atlantis-Stiftung“ vorbei – wer, teilten sie nicht mit. Es handle sich mithin nicht um eine Briefkastenfirma.
Maaßen gründete die Stiftung, während er im Bundestagswahlkampf 2021 in Thüringen ein Direktmandat für die CDU anstrebte. Maaßen war damals bereits Mitglied der extrem konservativen Werteunion, die kein offizielles Gremium der CDU ist und sich nach Ansicht von Kritikern nicht deutlich genug von der AfD abgrenzt. Auch Maaßen selbst wird aus den eigenen Reihen immer wieder vorgeworfen, mitunter AfD-nahe Positionen zu vertreten, was er bestreitet.
Als Stiftungsräte in Maaßens Schweizer „Atlantis“-Projekt fungierten zunächst zwei deutsche Unternehmer, die im selben Gebäude im schweizerischen Zug ebenfalls Firmen angemeldet haben. Einer von ihnen, ein bayerischer Pharma-Manager, distanzierte sich inzwischen auf Anfrage von WDR, NDR, SZ und Tamedia von dem Unterfangen: Er sagt, er habe inzwischen darum gebeten, ihn aus dem Stiftungsvorstand zu: „Als ich von den Entwicklungen um die Person Maaßen Kenntnis bekam, habe ich meine Resignation als Stiftungsrat kundgetan und dann vollzogen.“ Es habe auch keinerlei finanzielles Engagement seinerseits gegeben. Sein Amt bei der „Atlantis“ sei nur kurzfristig angedacht gewesen.
Stand: 13.02.2023, 18.15 Uhr Recherchen von WDR, NDR, SZ und Tamedia
Stand: 13.02.2023, 18.15 Uhr