Wird ein Soft-Brexit gelingen?
Ein Übergangsabkommen mit London soll Zeit gewinnen und einen „soften Brexit“ ermöglichen. Nach einer Einigung über Freizügigkeit und finanzielle Beiträge wird die Ratifizierung in allen 28 Staaten das größte Risiko sein.
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben heute beschlossen, die zweite Phase der Brexit-Verhandlungen zu eröffnen. Die EU geht nun auf einen Vorschlag Theresa May’s ein, und will mit London ein Übergangsabkommen verhandeln.
Das Übergangsabkommen soll ab April 2019 – wenn Großbritannien aus der EU aussteigt – greifen und „zeitlich begrenzt“ sein. Wahrscheinlich sind zwei Jahre, bis ca. April 2021. In den zwei Jahren soll ein definitives Abkommen ausgehandelt werden, welches insbesondere den Handel zwischen der EU und Großbritannien regelt und das ab April 2021 greift.
Das Übergangsabkommen soll sicherstellen, dass sich zwischen April 2019 und April 2021 praktisch möglichst wenig ändert. London bleibt in der Zeit Teil des Binnenmarkts. Der Preis dafür: Das Königreich ist nicht länger in den europäischen Gremien (Parlament, Rat, etc.) vertreten und muss in der Zeit weiterhin alle EU-Gesetze und auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs akzeptieren. Besonders kontrovers dürfte die Forderung der EU27 sein, wonach Großbritannien bis 2021 die Freizügigkeit der EU-Bürger akzeptieren müsste. Auch bei der Frage, welche finanzielle Beiträge London bis 2021 an die EU leisten muss, ist Streit vorprogrammiert.
cepFachbereichsleiter Van Roosebeke: „Ein Übergangsabkommen bis 2021 öffnet den Weg für einen ‚Soft Brexit‘. Sowohl die EU als auch Großbritannien geben sich damit zwei weitere Jahre Zeit, einen möglichst friktionslosen Brexit hinzulegen. Der politische Preis des Übergangsabkommens für die Briten ist hoch, aber vertretbar. Das größte Risiko liegt nun darin, den Übergangsvertrag fristgerecht zu ratifizieren. Das könnte nicht nur an den wackeligen politischen Verhältnissen in London scheitern. Es reicht aus, wenn es in einem der 27 verbleibenden EU-Staaten zu Problemen kommt. Das wallonische CETA-Szenario könnte sich also wiederholen. Scheitert die vollständige Ratifizierung, folgt der harte Brexit bereits am 1. April 2019. Das gleiche Szenario wiederholt sich dann wieder im Jahr 2021, wenn das definitive Abkommen ratifiziert werden muss.“